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Alles in allem hat sie in den vier Kursen zwölf Stunden Training in einer Gruppe von jeweils sechs Personen investiert, also eine eigene Schießzeit von etwa zwei Stunden. Außerhalb der Seminare hat Steffi nicht mit der Flinte geschossen. Angesichts des geringen Trainingsaufwandes mag man über die Resultate erstaunt sein oder auch nicht. Die Aussage ist nicht, dass man nicht viel und lange trainieren müsse, um ein guter Flintenschütze zu werden. Jedoch kann man in kurzer Zeit sehr viel erreichen, wenn man die richtigen Schritte auf einem gut vorbereiteten Weg geht. Das Projekt ist so weit gediehen, dass ich der Speerwerferin und Diplom-Sportlehrerin Steffi Nerius die folgende Frage stellen konnte: „Was hat dich – deiner Meinung nach – von allen Maßnahmen und Lerneinheiten am weitesten nach vorne gebracht?“ Hierauf erhielt ich eine erstaunliche Antwort: „Das Sehen.“
Nachgefragt
https://dieflinte.de/themen/sch%C3%BCtzen/steffi-nerius-meets-dieflinte-teil-3.html#sigProGalleriafb169d314e
Was bedeutet das?
Die Antwort, besser sehen zu können, umfasst mehr als nur einen Aspekt. Zunächst beendet der CPSA-Fleck den Konkurrenzkampf der Augen um die Hoheit in Dominanzfragen, was unmittelbar zu einer Entspannung führt. Infolgedessen tritt jedoch der eigentliche Vorteil ein, dass nun der Bewegungsvorgang des Ziels – mit beiden geöffneten Augen – mit einem größeren Sehfeld und dazu dreidimensional wahrgenommen wird. (Mit dem geschlossenen „Off Eye“ sieht der Schütze nur zweidimensional und das mit einem verkleinerten Sehfeld.)
Was ist die Folge?
Als Leistungssportlerin spürt Steffi vermutlich intensiver als andere, wenn ihre Bewegungsabläufe gut gesteuert werden. Das mag sie zu ihrer Antwort über das „bessere Sehen“ veranlasst haben. Denn besser sehen zu können heißt, besser gesteuert zu werden. Lässt sich der Schütze durch das Ziel steuern, werden seine Bewegungsabläufe harmonisch und flüssig. Sie erfolgen in Übereinstimmung mit den Bewegungen des Ziels. Das Verbindungsglied zwischen Ziel und Schütze sind „die Augen“, nicht „das Auge“. Der Weg zu einem guten sensomotorischen Schießen ist mit beiden geöffneten Augen leichter als mit der Ein-Auge-Technik. Ich kenne zwar hervorragende Skeet- und Trap-Schützen, die mit einem geschlossenen Auge schießen. Gutes Schießen ist auch mit einem Auge möglich, aber mit zwei Augen ist es für den Schützen einfacher und komfortabler. Je unvorhersehbarer die Flugbahn des Ziels ist und je variantenreicher sie sein kann, beispielsweise beim Parcoursschießen oder auf der Jagd, umso mehr schlagen die Vorteile des Sehens mit beiden Augen durch.
Und doch ist die Antwort verblüffend …
… so logisch auch alles ist. Denn Steffi steht am Beginn ihres Flintenschießens. Ihre Antwort, das bessere Sehen sei der Schlüssel für ihre Fortschritte, zeigt, wie sehr sie das Training schon versteht. Sie weiß, dass ihr als Flintenschützin nur ihre Augen und ihre Fähigkeit, mit der Seelenachse ihrer Flinte auf eine gewünschte Stelle zu zeigen, zur Verfügung stehen, wenn sie ein Ziel treffen will. Mit dem besseren Sehen wird auch das Zeigen besser, wobei alles seinen Anfang mit den Augen nimmt. Augen gut – alles gut. Das ist die Kurzfassung.
Der nächste Schritt
Wir sind so weit, dass wir das Werkzeug Flinte verändern werden. Eberhard Klett, Inhaber von Waffen Klett in Borken, sponsert die Schaftanpassung von Steffis Zoli Milady. dieflinte wird darüber berichten.
Text und Fotos: Detlef Riechert